Inspiration: 5 gemeinschatliche Wohnprojekte, die Wohnen neu denken - Interview mit Autor Lennart Herberhold #58
Shownotes
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Das Buch "Zusammen" von Lennart Herberhold über gemeinschaftliches Wohnen, erschienen im Büchner Verlag.
Weitere Wohnprojekte findet ihr hier: Mietshäuser-Syndikat: https://www.syndikat.org/
Stattbau München: https://www.stattbau-muenchen.de/home.html Stattbau Berlin: https://www.stattbau.de/ Stattbau Hamburg: https://stattbau-hamburg.de/
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00:00:33: und das Mietshaussyndikat. Ja und um dieses Thema genauer zu verstehen, habe ich heute den Autor Lennart Herberhold eingeladen, denn der hat das Buch geschrieben zusammen wie Deutschland neues Wohnen ausprobiert. In dieser Folge lernt ihr fünf ganz unterschiedliche Beispiele von gemeinschaftlichem Wohnen kennen, ihr erfahrt die Vorteile dieser Projekte und auch auf welche Kompromisse man sich in so Projekten einlassen muss. Ja und zudem verrät uns Lennart, wo ihr solche Projekte auch findet. Also spitzt unbedingt die Ohren, wenn ihr euch auch vorstellen könnt,
00:01:13: mit einer Gemeinschaft ein Wohnprojekt zu starten oder bei einem mitmachen wollt. Also, los geht's! Ich begrüße heute den Autor Lennart Herberholt. Hallo Lennart. Hallo Anna. Hi. Du, ich stelle dich mal ganz kurz vor. Lennart ist freier Journalist und Autor für Kultursendungen beim NDR und ARD. Und da er sich sehr für das Thema Stadtplanung interessiert,
00:01:37: hat er das Buch zusammengeschrieben, das im Büchner Verlag erschienen ist. Und in diesem Buch porträtiert ihr fünf gemeinschaftliche Wohnprojekte, die ihr sogar über Jahre besucht hat. Und als alte WG-Mitbewohnerin bin ich natürlich total neugierig geworden und freue mich, dass du dir heute Zeit nimmst. Also schön, dass du heute da bist. Danke, dass ich dabei sein kann. In deinem Buch beschreibst du ja fünf Projekte, die versuchen, Wohnen neu zu denken und du sagst auch, dass das Vorbilder für Deutschland sein können. Warum brauchen wir denn eigentlich ein neues Denken zu Wohnen? Wir sind ja aktuell in einer Wohnungskrise. Das ganze Land ist in einer Wohnungskrise und die gibt es ja nicht erst seit gestern. Die schwelt schon länger und jetzt verschärft sie sich nochmal. Und wir werden
00:02:26: sicherlich nachher auch noch darüber reden, inwiefern diese Projekte auch schwierig sind, inwiefern sich wahrscheinlich nicht jeder Mensch vorstellen kann, in so einem Projekt zu leben. Aber die Grundidee von diesen Projekten, dass du Wohnraum schaffst jenseits von dem kapitalistischen Wohnungsmarkt, dass du Wohnungen baust, die dann nicht eine Ware werden auf dem Wohnungsmarkt, sondern Wohnraum, der bezahlbar ist und der der Gemeinschaft gehört, die dann da lebt und nicht einem Unternehmen oder einer Privatperson. Diese Grundidee finde ich super wichtig und sehr gut.
00:03:01: Jetzt kann man sagen, das Kind ist schon in den Brunnen gefallen. Also wir haben diesen Wohnungsmarkt, wie er jetzt ist. Und trotzdem glaube ich, dass solche Projekte einen Impuls geben können, wie es anders geben kann. Und man muss dann versuchen, Freiräume zu schaffen, in Städten und kleineren Gemeinden für solche Projekte. Schön, finde ich total interessant. Und das Ziel ist jetzt zum einen eben gemeinsam zu wohnen, also als Gruppe. Das ist ja schon mal so ein Aspekt, aber der andere Aspekt ist quasi auch, sich ein bisschen unabhängig von diesem Mietsystem zu machen. Ich gebe mal einen ganz kurzen Überblick über die fünf Projekte, die du in deinem Buch vorstellst. Und zwar zum einen
00:03:44: gibt es da die Gruppe aus Hitzacker in Niedersachsen und die bauen ein solidarisches Dorf in einer Baugenossenschaft für 300 Leute, also ein sehr, sehr großes Projekt. Dann hast du das Projekt Viertel 8 in Mannheim besucht. Die retten ihr eigenes Mietshaus vor Investoren und haben es dann selber gekauft. Dann gibt es noch die Gruppe Umbau, die hat ein Gebäude in ein Miethaussyndikat umgewandelt. Da wundert man sich jetzt wahrscheinlich, was das sein soll. Also das darfst du uns dann gleich erklären, was das bedeutet. Und dann hast du noch ein Projekt in München besucht sie neu umverteilen. Und zuletzt hast du noch die christliche Gemeinschaft Brot und Rosen nähe Hamburg besucht. Also wirklich eine ganz bunte
00:04:30: Mischung an Projekten. Lass uns doch mal die einzelnen Projekte im Einzelnen anschauen. Starten wir doch mal mit Hitzacker. Kannst du viele Geflüchtete, im Moment kommen auch viele Geflüchtete nach Deutschland, aber als 2015 viele Geflüchtete kamen, haben verschiedene Menschen im Wendland, ich glaube ich beschreibe mal kurz das Wendland. Das Wendland ist eine Gegend in Niedersachsen, also nicht allzu weit weg von Hamburg und das ist so eine Gegend für Aussteigerinnen und Träumer. Hat sich politisiert, als dort in Gorleben die Atomtransporte ankamen und Atommüll gelagert wurde.
00:05:20: Dagegen haben sich viele Menschen gewehrt und so ist das Wendland so eine rebellische Gegend geworden. Und das muss man, glaube ich, so für den Hintergrund wissen, wie dieses Dorf entstanden ist. Weil da leben eben viele engagierte Menschen und einer von diesen Menschen hat gesagt, es kommen so viele Geflüchtete nach Deutschland, die nicht wissen, wo sie ihren Platz finden sollen in diesem
00:05:46: Land. Und er sagte, es gibt so viele Rentnerinnen und Rentner, die von Einsamkeit bedroht sind, weil die Kinder weg sind oder weil sie nie Kinder hatten, Freunde sterben und die Gefahr der Einsamkeit ist einfach sehr groß im Alter. Und dieser Mensch hat gesagt, lass uns ein Dorf bauen für Geflüchtete und für ältere Menschen. Ach spannend, okay. Dass die eine Gemeinschaft bilden. Und so ist dann langsam dieses Dorf entstanden. Die haben
00:06:17: das Grundstück, die haben ein Grundstück auf einem leeren Acker gekauft, haben eine Genossenschaft gegründet und haben Tage, Wochen, Monate, jahrelang diskutiert und geplant, haben Kredite eingesammelt und haben dann nach vielen Verzögerungen endlich angefangen zu bauen. Und die Grundidee, ein Drittel Geflüchtete, ein Drittel junge Familien, ein Drittel ältere Menschen, das haben sie bis jetzt noch nicht ganz umgesetzt. Sie sagen inzwischen, wir müssen weniger Geflüchtete aufnehmen, weil wir es nicht schaffen, ein Drittel Geflüchtete zu betreuen und in unsere Gemeinschaft reinzuholen.
00:06:55: Aber diese Grundidee, wir wohnen gemeinsam und solidarisch und wir schaffen bezahlbaren Wohnraum, die haben die geschafft umzusetzen und wahr werden zu lassen. Das fand ich ganz toll. Und das Projekt Hitzacker, das ist jetzt quasi nicht nur in Planung, sondern die leben da schon richtig drin und setzen diese Idee auch richtig im Alltag schon um. Die leben da. Die diskutieren aktuell darüber, wie groß werden wir noch,
00:07:23: wie viele Häuser bauen wir noch. Das ist, eine frage für alle gemeinschaften wie viele menschen. Mit wie vielen menschen funktioniert das ja mit wie vielen menschen kannst du täglich kontakt haben diskutieren kompromisse finden aber das dorf ist entstanden. Ja. Ah ja, okay. Und nehmen die noch Mitglieder auf oder ist quasi die Gruppe jetzt so groß, dass jetzt da kein Interessent mehr irgendwo Platz findet oder sind die noch offen für neue Interessenten? Die haben eine lange Warteliste schon. Ah ja, okay. Also da interessieren sich viele Menschen für. Mein aktuellster Stand ist, dass sie gerade vor allem junge Familien suchen. vielleicht für deine fans interessant aber man muss wissen dass man sich da beteiligen muss in diesem dorf also du kannst ja nicht einfach sagen ja danke die wohnung gefällt mir ich ziehe jetzt ein sondern du musst an den diskuss teilnehmen, musst auch beim Bauen helfen,
00:08:25: weil die halt weiter bauen und vieles selber machen. Das macht dieses Dorf, glaube ich, auch besonders im Vergleich zu den anderen Projekten, die ich besucht habe. Also ganz viel in Eigenleistung, was da selbst gemacht wird. Genau. Okay. Ja.
00:08:37: Das heißt, ich beteilige mich auch finanziell. Muss ich da quasi auch ein gewisses Eigenkapital mitbringen, um da mitzumachen? Ja, du musst eine Einlage zahlen, wie bei jeder Genossenschaft und dann musst du noch sogenannte Wohnungsanteile zeichnen und dann kommt eben noch eine Miete dazu. Also wenn ich da einziehen wollte, dann müsste ich 500 Euro parat haben, um Genosse werden zu können, bei dieser Genossenschaft Hitzacker Dorf. Dann müsste ich 18.000 Euro Wohnungsanteile zahlen und dann hätte ich eben noch eine Miete von 6 Euro kalt pro Quadratmeter. Ah ja, okay.
00:09:17: Klar, also es gibt all diese Projekte nicht für lau, aber grundsätzlich kann man sagen, sie sind im Schnitt immer günstiger als das, was du auf dem klassischen Wohnungsmarkt bekommst, zumindest in den großen Städten und in den Boom-Regionen. Und ich habe natürlich auch eine gewisse Sicherheit, oder? Definitiv. Wenn ich das richtig verstanden habe, wenn ich ein Genosse dann in dieser Baugenossenschaft bin, dann kann mir jetzt auch nicht gekündigt werden auf Eigenbedarf oder irgendwas.
00:09:48: Genau. Das kann dir nicht passieren. Du hast diese Wohnung sicher bis zum Ende deiner Tage und das ist natürlich was. Das Haus, in dem ich wohne, soll vermutlich verkauft werden. Das hat sich hier in der Hausgemeinschaft so rumgesprochen und das sorgt natürlich für viel Aufregung und Ängste auch. Erlebe ich auch selber. Also ich mache mir da große Gedanken, wie wird das jetzt alles, wenn das Haus verkauft wird, wenn die Miete deutlich rauf geht. Und diese Ängste hast du nicht mehr, wenn duikte, du hast nicht mehr so dein, okay, ich mache jetzt die Tür zu und die anderen können mich jetzt alle mal. Also es ist in gewisser Weise sicher anstrengender, als für dich ganz alleine zu leben, aber du hast eine Sicherheit.
00:10:36: Und es ist, glaube ich, auch so ein bisschen Typsache, oder? Also es gibt ja Leute, die brauchen sehr viel Raum für sich selbst und Rückzugsorte und andere sind ja sehr sozial und suchen ja eben auch die Nähe zu anderen Menschen. Das muss man für sich, glaube ich, so ein bisschen herauskristallisieren, wie viel Gemeinschaft man so erleben will täglich im Alltag. Das musst du total rausfinden oder du musst vorher schon wissen bin ich eigentlich bereit sehr intensive beziehungen zu anderen menschen zu haben in denen es um ja gemeinsames arbeiten geht um die frage wer zieht hier als nächstes ein. Viertel 8 in mannheim die verwalten ihr haus selbst da muss jeder und jede aufgaben übernehmen und die erwartung ist eben auch in solchen Projekten, wir sind mehr als nur Leute, die nebeneinander wohnen und wir sind auch mehr als nur Leute, die zusammen ein Haus gebaut haben, sondern wir wollen eben auch einen Teil habe, sagen, wir teilen uns die Kinderbetreuung, ich passe auf deine Kinder auf, du passt auf meine Kinder auf. Das hast du ja auch in klassischen
00:11:52: Einfamilienhaus-Gegenden, glaube ich auch. Kommt auf die Wohnsituation drauf an und aufs Umfeld. Wenn ich jetzt nur Rentner um mich herum habe, ist es wahrscheinlich unterschiedlich. Genau. Es ist auch, glaube ich, so ein bisschen Typsache, wer da neben mir wohnt und ob der auch offen ist, mit mir in einen Kontakt zu treten und quasi auch lose eine Gemeinschaft zu bilden oder ob der einfach für sich sein will. Und man vermutet natürlich schon, dass, wenn man in so einem Gemeinschaftsprojekt ist, dass das Menschen sind, die einfach offen für andere sind, was jetzt zwingend in einer einen Familienhausgegend ja nicht so der Fall ist.
00:12:26: Also diese Offenheit gibt es natürlich definitiv in diesen Projekten. Jemand aus dem Dorf Hitzacker hat dieses berühmte Sprichwort zitiert, es braucht ein ganzes Dorf, um ein Kind zu erziehen. groß wird, als wenn es nur so in den eigenen vier Wänden aufwächst und von Vater und Mutter erzogen wird. Und das ist total ausgeprägt in vielen Projekten, diese Idee, wir machen das gemeinsam. Und wenn man so in die Geschichte zurückblickt, also in die Geschichte der Wohnkommunen in den 60er Jahren, war das ja so eine ganz große, eine der Leitideen. Ja, das stimmt.
00:13:06: Wir leben jetzt alle zusammen, wir erziehen die Kinder gemeinsam und nicht mehr in dieser kleinen Konstellation Vater Mutter Kind. Und davon hat man sich wahnsinnig viel versprochen, also die Weltrevolution und der neue Mensch. Heute ist diese Erwartung nicht mehr so groß, aber es gibt eben dieses, ja in einem Satz gesagt, es gibt diese Idee, gemeinsam sind wir stärker und besser. A. Und jetzt mal, wenn man die Wohnsituation so anschaut,
00:13:32: Gemeinschaft, gibt es da auch so Gemeinschaftsräume dann, also wo man dann auch diese Gruppe, wo die zusammenfinden kann? Wie muss man sich das vorstellen? Die gibt es definitiv. Also in dem Dorf Hitzacker, die haben ein ganzes Gemeinschaftshaus gebaut, wo man Feste feiern kann, wo man sich zu den wöchentlichen Diskussionen zum Plenum trifft. In dem Projekt Viertel 8 in Mannheim, wo die Bewohnerinnen gesagt haben, wir kaufen jetzt gemeinsam dieses Haus, bevor es ein Investor sich unter den Nagel reißt. Die haben das noch nicht. Das ist ganz interessant, weil das ist halt ein Altbau. Aber Viertel 8 ist insofern, was Gemeinschaftsräume angeht, schon eine Ausnahme, weil es ist ein sehr altes Haus.
00:14:14: Und als es gebaut wurde, hat man noch nicht gedacht, wir brauchen hier einen großen Raum, wo alle Bewohnerinnen sich treffen können. Das sind halt einzelne Wohnungen. Deshalb gibt es da diese Gemeinschaftsräume nicht. Aber in allen anderen Proiert vor, dass halt jetzt nicht jeder nur sein Zimmerchen hat, sondern vielleicht eine eigene Wohnung. Aber man hat gemeinsam, ich sage jetzt auch mal so eine Art WG-Küche, aber halt wo man auch ein bisschen, wo mehr Leute reinpassen als jetzt in der klassischen WG. Du hast jetzt schon öfters das Projekt Mannheim angesprochen, Viertel 8. Kannst du mal erzählen, was die Geschichte von diesem Projekt ist? Ja, gerne. Viertel 8 liegt in einem Viertel von Mannheim, das gentrifiziert wird. Da gibt es sehr schöne Altbauten und es gibt so diese typische Mischung aus Altbau, ein bisschen Bohem, so ein bisschen runtergekommen aber eben cool und die gemeinschaft in diesem viertel acht die die leben schon sehr lange da.
00:15:31: Beziehungsweise genauer gesagt ein teil der leute lebt schon ewig da die anette schrim, ihre Eltern leben seit Jahrzehnten da. Und die hatten schon lange eine tolle Hausgemeinschaft, die zusammen Feste gefeiert hat, im Hinterhof gegrillt hat, sich unterstützt hat. Und eines Tages haben sie erfahren, dieses Haus soll verkauft werden. Und sie wussten schon, okay, in den Häusern in der gegend hier ist das zum teil richtig schlecht gelaufen da hat ein investor das haus gekauft hat luxus saniert, und die leute irgendwie raus geeckelt dann haben sie sich gefragt okay was machen wir. Und dann haben sie beschlossen wir kaufen dieses haus was ja erstmal eine ziemlich irre Idee ist. Aber sie haben gesagt, das ist unsere einzige Chance, hier wohnen
00:16:26: bleiben zu können, zu bezahlbaren Mieten. Und dann haben sie das tatsächlich gemacht. Das heißt, sie haben sogenannte Direktkredite eingesammelt. Sie haben alle Leute, die sie kennen, gefragt, hör mal, kannst du uns unterstützen? Wir wollen dieses Haus kaufen. Und sie haben es tatsächlich geschafft, diese Summe aufzubringen. Oh wow, weil also so ein Stadthauskauf mit mehreren Wohnungen in einer Altstadtgegend ist ja relativ teuer. Das ist ein teurer Spaß, ja. Direktkredit, was heißt das jetzt konkret und um welche Summen geht es da?
00:16:57: Und also echt Respekt, dass man dann so etwas zusammenkriegt. Also ich habe noch nie Direktkredit gehört. Was ist das? Direktkredit heißt, dass du nicht zu einer Bank gehst, sondern dass du von, ja, bekannten Freunden, im Fall von Viertel 8 auch aus ganz Deutschland, Kredite einsammelst. Also Privatleute sagen dir, ja, ich will dein Projekt unterstützen, ich finde das super, ich fördere dich. So ein bisschen wie so ein Crowdfunding. Richtig, genau. Ja, okay. Und aber es ist ein Kredit und keine Spende.
00:17:31: Genau, es ist ein Kredit, der irgendwann auch zurückgezahlt wird, aber nicht so verzinst ist, wie wenn du von der Bank einen Kredit nimmst. Und was man vielleicht auch noch sagen kann ist, das Risiko ist etwas größer. Also wenn ich sage, ich unterstütze so ein Projekt, ich gebe denen einen Direktkredit, ist mein Risiko ein bisschen größer, dass ich das Geld vielleicht auch nicht zurückbekomme, falls dieses Projekt scheitert. Und das heißt, die haben dann diese Direktkredite eingesammelt und konnten sich dann mit dem
00:18:01: Eigentümer einigen, dass die Gemeinschaft das dann kauft, zur gleichen Summe, wie das ein anderer Investor wahrscheinlich gekauft hätte. Richtig. Das war eine große Zitterpartie für die, weil die Besitzerin des Hauses, eine Privatperson, keine Firma, eine Privatperson, wohl nicht sehr kooperativ war und sie immer im Dunkeln gehalten hat darüber oder im Nichtwissenhalten hat was ist eigentlich ist das Haus vielleicht schon verkauft sammeln wir ganz umsonst unsere Kredite ein, war da schon am Investor gehört das muss nervig sehr sehr aufreibend gewesen sein aber sie haben die Besitzerin wohl auch mit einem gewissen Druck aus der Stadt dazu gebracht, ihnen das Haus zu verkaufen, weil das ist vielleicht auch noch ganz interessant.
00:18:49: Es gibt ja in jeder Stadt in den Verwaltungen bei den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, in jeder Stadt, wo du dieses Problem hast in Deutschland, der Gentrifizierung, der Verdrängung, gibt es auch so ein gewisses Bewusstsein dafür. Es gibt ja kein Stadtoberhaupt, das dachte Gentrifizierung noch nie von gehört. Und in Mannheim gab es dann auch eben von der Stadtspitze so einen gewissen Druck, dieses Projekt soll jetzt funktionieren. Wir wollen, dass hier so ein Leuchtturm entsteht. Wir wollen, dass hier ein Beispiel dafür in dieser Waldhofstraße 8 in Mannheim, dass da ein Beispiel steht, wo die Leute sagen, ah ok, so geht das. Ich finde es auch wirklich total beeindruckend und für viele große Metropolen, die ja wirklich jetzt mit diesem Mietendruck, das ist ja wirklich ein spannendes Modell, was sich vielleicht auch andere Hausgemeinschaften dann überlegen können. Aber natürlich hast du in München oder so auch ganz andere Preise, die dann da ins Spiel kommen.
00:19:46: Aber generell finde ich das total cool, dass sich, das ist ja eine gewisse Emanzipation, die da ja auch stattfindet von den Mietern, die dann einfach sagen, jetzt kaufen wir uns das selber. Das finde ich wirklich total cool. Bin auch total beeindruckt. Und die Banken spielen da mit anscheinend. In dem Fall war das die GLS Bank, die ja sehr gemeinwohlorientiert ist, die hat denen dann einen Kredit gegeben, nachdem sie,
00:20:10: nachdem die Hausgemeinschaft durch diese Direktkredite, die sie selbst eingesammelt haben, von Bekannten, von Leuten in ganz Deutschland, die sagten, finde ich cool, da wollen Leute ihr Haus kaufen, die unterstütze ich. Nachdem die diese Direktkredite zusammen hatten, hat dann auch die GLS Bank gesagt, okay, ihr kriegt jetzt auch von uns einen Kredit. Also wir reden hier von einer Kaufsumme von 2,1 Millionen Euro. Das ist ja im Vergleich zu München wahrscheinlich Peanuts, da kriegst du eine Singlewohnung für, das ist nicht wenig Geld. Ja und vor allem das einzusammeln ist schon... Wie gesagt, diese 2,1 das ist Bankkredit plus Direktkredite. Aber ich finde das ein ganz tolles Modell und wirklich ein Leuchtturmprojekt,
00:20:54: was man vielen eigentlich noch mehr erzählen sollte. Ich wusste bis zu deinem Buch gar nicht, dass sowas geht und dass sowas möglich ist mit diesem Modell Direktkredite. Vor allem, dass man sich noch die Unterstützung von der Stadt holt, dass der jeweilige Eigentümer dann eben auch mitmacht, also dem dann diese ganze Immobilie dann auch gehört. Also finde ich ein tolles Projekt, super. Ja, kommen wir doch mal zum nächsten Projekt. Du hast auch das Projekt Umbau hoch zwei besucht und die haben ein Gebäude neu gebaut mit dem Konzept eines Miethaussyndikats. Und da bin
00:21:28: ich jetzt ganz gespannt auf die Geschichte dahinter und vor allem kannst du uns erklären, was ein Miethaussyndikat überhaupt ist? Ja, das Projekt Umbau hoch 2, das ist entstanden auf einem ehemaligen Kasernengelände, auch mannheim die baugemeinschaft hat dieses gelände auf dem sie gebaut haben günstig von der stadt bekommen. Bodenpreis sind ein riesen thema beim bauen grundstücke werden immer teurer und viele kommunen sagen aber inzwischen wenn uns selbst das grundstück gehört, dann schauen wir darauf, dass das bevorzugt eigentlich Baugemeinschaften und Baugenossenschaften bekommen und nicht unbedingt ein Investor. So war das jedenfalls bei dem Projekt Umbau hoch 2. Auch die haben Direktkredite eingesammelt,
00:22:18: um den Bau zu finanzieren. Und das Miethäuser-Syndikat, das du schon angesprochen hast, das ist eine Bewegung, die ursprünglich in der Hausbesetzer Szene in Freiburg angefangen hat. Das ist also, man kann sich vorstellen, eine ziemlich linke Veranstaltung, politisch links, die aber inzwischen auch schon ziemlich etabliert ist, also die inzwischen auch schon von Kommunen gefördert wird. Und Miethäuser Syndikat heißt, das Haus gehört allen und niemandem. Also der Gemeinschaft. Das Haus gehört der Gemeinschaft und dem Verbund der Miethäuser Syndikate in ganz Deutschland. Und die Hausgemeinschaft hat
00:23:00: jeweils das Recht über alles zu bestimmen im haus also die können sagen wir wollen eine photovoltaikanlage aufbauen oder wir wollen auf dem dach bäume pflanzen oder was auch immer aber sie können das haus nicht verkaufen. Ich erkläre es nochmal anders das ist glaube ich besser die juristische konstruktion beim mietshäuser syndikat ist so menschen bauen oder übernehmen ein Haus, indem sie es zum Beispiel kaufen, so wie beim Viertel 8 in Mannheim, und bilden gemeinsam mit dem Miethäuser-Syndikat, das es deutschlandweit gibt, bilden die so ein juristisches Duo. Und die Hausgemeinschaft in dem einzelnen Projekt kann über alles bestimmen, was sie in dem Haus machen, aber wenn sie sagen, wir verkaufen es,
00:23:46: dann kann das Miethäuser-Syndikat und wird auch sein Veto einlegen. Das heißt, dieses Haus kann nicht verkauft werden. Wie ist denn dann, wenn ich jetzt Teilhaber sein möchte oder ich möchte darin leben, Teilhaber ist vielleicht gar nicht das richtige Wort, gehört mir dann eine Wohnung oder miete ich eine Wohnung oder wie sieht das aus? Also du zahlst eine Art Miete, aber auch da, wie bei allen anderen Projekten in meinem Buch, es kann dich niemand rausschmeißen, so wie bei einem Klasse. Na gut, rausschmeißen ist ja vielleicht etwas zugespitzt gesagt. Ich kann ja auch nicht ohne weiteres aus meiner Mietwohnung hier in Hamburg-Altona rausgeschmissen werden, aber die Miete kann zum Beispiel krass erhöht werden. Oder jemand kann sagen, ich habe jetzt aber Eigenbedarf, mein Kind soll in deine Wohnung einziehen und such dir was Neues.
00:24:37: Oder es wird Luxus saniert. Das kann dir alles nicht passieren beim Miethäuser syndikat aber es ist auch wiederum anders als wenn du dir eine wohnung kaufst oder ein haus baust weil dir gehört diese wohnung nicht. Es ist etwas kompliziert aber eben durch diese konstruktion die wohnung ist unverkäuflich wenn jemand sie verkaufen will dann gibt es ein veto vom mietshäuser Syndikat durch diese Konstruktion, ja, gehört das Haus niemandem und allem und die Wohnung gehört dir nicht selbst. Aber du kannst drin wohnen, also juristisch gehört sie dir nicht, aber du kannst bis zum Ende deines Lebens darin wohnen bleiben. Und zahle dann monatlich eine Miete.
00:25:17: Genau, ja. Okay, also es ist quasi eine Wohnung, in der ich Miete zahle, aber die mir quasi nicht gekündigt werden kann. Und da muss ich da auch eine Art Einlage mitbringen? Richtig, ja. Okay.
00:25:31: Ist das auch so in der Größenordnung, wie du vorher für Baugenossenschaften genannt hast oder ist die Einlage günstiger? Das fängt auch immer so ein bisschen von der Stadt ab, wo du dir ein Projekt suchst, sie nehmen für sich selbst in Anspruch, dass sie noch günstiger sind als Baugenossenschaften beim Mietshäuser Syndikat, weil sie auch ein starkes Solidaritätsprinzip haben. Grundsätzlich kann man das auch sagen beim Projekt Hitzacker Dorf, mit dem wir angefangen haben, auch die legen großen Wert darauf, dass das nicht nur die gut situierte Mittelschicht ist, die in solchen Projekten wohnt. Sondern dass es eine Durchmischung gibt. Bei allen Projekten, die ich besucht habe, ist dieses Solidaritätsprinzip ganz groß. Also alle sagen, wir wollen eine Mischung von Menschen
00:26:17: hier haben. Wir wollen Wohnraum bereitstellen für Menschen, die sich eigentlich eine nette Wohnung gar nicht leisten können. Und das Miethäuser syndikat nimmt für sich in anspruch dass sie da besonders günstig sind und dass sie menschen mit wenig geld besonders stark unterstützen. Ah ja das heißt wenn ich jetzt in einer metropole lebe und das modell ganz spannend finde dann könnte ich in meiner Stadt suchen, ob es da so ein Miethaussyndikat gibt und dann melde ich mich dort. Gibt es da so Wartelisten oder wie läuft sowas ab? A. Sie haben Wartelisten und die werden sich sicher auch dich genau angucken. Das kann man sich vielleicht so ein bisschen vorstellen wie früher die Gespräche in der WG, also die WG-Castings.
00:27:02: B. Jaja, so habe ich es mir jetzt auch gerade vorgestellt. Weil eben auch da, wie bei allen Wohnprojekten, die ich besucht habe, erwartet wird, dass du dich engagierst. Beim Miethäuser-Syndikat zum Beispiel insofern, als du sagst, okay, ich berate andere Projekte in Deutschland. Menschen die sagen shit unser Haus wird verkauft wir wollen das selber kaufen wie machen wir das denn jetzt. Die Erwartung ist im Mietzuhäuser Syndikat du brätst an solche Menschen das ist kein Zwang du wirst auch nicht aus deiner Wohnung rausgeschmissen wenn du es nicht machst. Aber wir kennen es alle in Gemeinschaften kann auch ein gewisser Erwartungsdruck entstehen, dass man bestimmte Dinge tut. Und damit muss man sich, glaube ich, auch auseinandersetzen, bevor man in so einem Projekt zieht. Also damit, dass es diese Erwartungen gibt und dass man sich wirklich ehrlich fragt, bin ich bereit. Genau. Möchte ich das leisten? Möchte und kann ich das leisten? Kommen wir doch zum nächsten Projekt, Sanrimo in München.
00:28:00: Das ist ja auch eine Baugenossenschaft und die wurde auch mit ganz vielen Preisen ausgezeichnet. Kannst du uns beschreiben, was das Besondere an dem Projekt jetzt ist? Also das San Rimo ist eine Baugenossenschaft in München im Stadtteil Riem, deshalb heißen sie San Rimo. Der Stadtteil liegt eher am Rand von München, aber München ist ja eine der teuersten Städte Deutschlands und diese Genossenschaft hat gesagt, gerade in dieser teuren Stadt wollen wir a bezahlbaren Wohnraum schaffen und b wir wollen auch architektonisch neue Wege gehen. Du hast ja das Grundproblem in Deutschland oder
00:28:39: eines der Probleme in Deutschland ist, Leute haben riesigeige Wohnung zu viert und dann die klassische Vater-Mutter-Kind-Konstellation und dann ziehen die Kinder aus und die Eltern bleiben dann in dieser großen Wohnung wohnen, obwohl sie eigentlich zu groß für sie ist. Und beim Sanrimo ist die Idee, und das haben sie auch so umgesetzt, flexible Grundrisse. Die Wohnung ist also nicht mehr fest, sondern das ist baulich so gelöst, dass du immer Räume abgeben kannst. Das ist sehr interessant.
00:29:08: Dass du zum Beispiel, wenn deine Kinder irgendwann ausgezogen sind, ist im Moment im Sanrimo noch nicht so. Das sind alles noch kleine Kinder oder Teenager. Also es dauert noch, bis da die Pro Eltern in der Wohnung wohnen, dann können die Räume abgeben an andere, die mehr Platz brauchen. Was eine total gute Idee ist, weil wenn man mal selber in sein altes Kinderzimmer schaut, sind ja meistens die alten Kinderzimmer so Abstellräume geworden, weil die ja dann leer stehen und dann stehen da irgendwelche alten Möbel rum. Und das wieder zu verwenden für eine andere Einheit, finde ich echt ziemlich schlau gedacht.
00:29:46: Wie das dann praktisch funktioniert, müsste man sich, glaube ich, vor Ort anschauen. Also wie das grundrissmäßig dann funktioniert. Aber finde ich echt eine sehr tolle Idee. Da würde mich aber auch interessieren, also wenn man schon hört, ein großes Haus wird in München gebaut. Wie kamen die an dieses Grundstück und wie haben sie das dann finanziert? Das haben sie von der Stadt München bekommen. Wir hatten ja eben schon so ein bisschen darüber
00:30:10: gesprochen. Also viele Metropolen merken ja seit Jahren, okay, wir haben ja ein massives Problem. Deshalb bekommen so gemeinwohlorientierte Projekte gerne mal ein Grundstück vergünstigt, um da zu bauen. Das ist dann ja dann auch eine Baugenossenschaft. Insofern funktioniert es dann eigentlich ähnlich wie ein Hitzacker vom Modell, dass ich quasi auch Genosse werde, dann meine Anteile erwerbe und dann eben auch immer diese Miete zahle. Du hast noch ein ganz anderes Projekt besucht, und zwar in Hamburg, das Projekt Brot und Rosen. Da würde mich interessieren,
00:30:47: wie dieses Projekt funktioniert und was das Besondere daran ist. Brot und Rosen ist ein christliches Projekt. Das waren und sind Menschen, die eine tiefe christliche Überzeugung haben und ursprünglich gesagt haben, also auch diese Menschen kommen aus der weißen Mittelschicht, kann man vielleicht nochmal einfügen, all diese Projekte, die ich beschrieben habe und der Großteil der Projekte in Deutschland, die es gibt, das sind Leute aus der Mittelschicht, die die starten, die dann aber eben versuchen, in der Bewohnerschaft, in der Gruppe der Leute,
00:31:22: die dann da zusammenleben, so eine Vielfalt der Gesellschaft. Und es war auch bei Brot und Rosen so. Brot und Rosen wurde vor 25 Jahren gegründet, das ist also das älteste Projekt in meinem Buch. Und das wurde gegründet von Christinnen und Christen, sehr überzeugte Christinnen und Christen, die sagen, Christentum ist politisch, das ist nicht nur in die Kirche gehen, das ist auch ein politischer Akt. Und unser politischer Akt besteht darin, dass wir mit Geflüchteten zusammenleben, die eine unsichere Bleibeperspektive haben, die nicht wissen, wo sie hin sollen, und die nehmen wir auf. wir zusammen und wenn ich dich richtig verstanden habe viele deiner fans sind ja auch junge familien
00:32:08: und junge paar die familien gründen wollen und was ich bei brot und rosen wirklich spannend fand ich habe mit einem der ehepaare geredet die das gegründet haben die ihre kinder in diesem projekt aufgezogen haben und einer der jung, den habe ich auch kennengelernt eines Tages, der ist jetzt Anfang bis Mitte 20, studiert, und der hat mir erzählt, dass er immer gefragt wurde in der Schule, was, du wächst mit so vielen Menschen gleichzeitig auf, also deine Spielkameraden kommen aus Nigeria und Afghanistan und wo auch immer hier und ihr habt gar kein richtig.
00:32:48: Eigenes abgeschlossen zu hause ihr seid ständig mit all diesen leuten zusammen wie kann das funktionieren und er selbst sagt er hat sich immer gewundert wie die anderen. Wie seine klassenkameraden leben also mit alleinerziehender mutter oder in so einer kleinen familie weil für ihn war das dieses leben in einer großen gemeinschaft normal das normale und eben auch sehr bereichernd weil er sagt er hat. Von kindesbeinen an auch gesehen dass die welt eben nicht nur ein familienhausen alles ist nett ist sondern das ist wie viel konflikte es auf der welt gibt, wie das andere Menschen komplett anders leben. Und das kann man glaube ich grundsätzlich von all diesen Projekten sagen. Also als Kind wächst du da schon anders auf in so einer Gemeinschaft. Mit mehr Facetten. Mit mehr Facetten, genau. Und du kommst wahrscheinlich auch mit Menschen in Berührung
00:33:41: oder lernst die auch richtig nahe kennen, die du vielleicht sonst nicht kennenlernen würdest oder nicht so nah kennenlernen würdest, weil man einfach ja durch dieses alltägliche Zusammensein ja eine ganz andere Beziehung aufbaut oder jemanden auch noch viel besser kennenlernt oder viel mehr auch diese Missverständnisse im Alltag entdeckt. Also ich habe mal länger in Indien gelebt habe dann praktikum gemacht und da wurde mir auch erst mal klar wie viel. Westliches denken ich im alltag wenn es nur ums frühstück machen geht wie viel da drin ist wie viel denken man hat wie ein frühstück zu sein hat in so einer ganz kleinen alltagssituation und das merkt man erst, wenn man quasi rausgeschmissen wird oder wenn jemand
00:34:25: reinkommt, der eben eine ganz andere, das anders macht und anders angeht. Genau, also da, erst da reflektiert man seine eigenen Muster. Ja, genau. In Hitzacker ist es so, dass die geflüchteten Familien dann gesagt haben, ach so baut ihr die Häuser, das hatten wir uns aber anders vorgestellt. Zum Beispiel, oh die Küche soll offen sein, nee die Hausfrau muss die Küche als ihren abgeschlossenen Bereich haben, das kann nicht sein, dass die Hausfrau vor aller Augen jetzt kochen soll. Also bei so
00:34:57: interkulturellem Wohnen sind das dann auch solche Ideen, die aufeinanderprallen. Ja, das stimmt, das ist spannend. Du hast ja wirklich jetzt ganz unterschiedliche Projekte angeschaut und auch mit ganz unterschiedlichen Menschen. Mich würde interessieren, welche Gemeinsamkeiten diese Projekte dann doch haben. Was glaubst du denn, was denn so Motive sind, vor allem jetzt von den Menschen, die das auch anstoßen. Also was treibt die eigentlich? Warum machen die das? Gute Frage. Ich glaube, die Sehnsucht nach Gemeinschaft spielt eine große Rolle. Und
00:35:33: zwar nach einer Gemeinschaft jenseits der klassischen Familie. Wenn wir zum Beispiel nochmal kurz auf das Dorf in Hitzacker schauen, das waren eben Rentnerinnen, die gesagt haben, ich will nicht alleine alt werden, ich will mit anderen zusammenleben. Also Gemeinschaft ist total wichtig und dann bei vielen auch die Idee, wir müssen was schaffen, was jenseits dieses kapitalistischen Wohnungsmarkts liegt. Wir wollen zeigen, das geht auch anders. Man kann auch gemeinwohlorientiert gemeinschaftlich bauen und Wohnraum schaffen. Das spielt auch eine große Rolle.
00:36:11: Also so ein Wunsch nach Emanzipation eigentlich. Ja genau. Also dass du nicht mehr diese Abhängigkeit von einem Vermieter hast, egal ob das jetzt eine Privatperson ist oder eine Firma. Wir sehen es ja gerade, dass eines der größten deutschen Wohnungsunternehmennehmen sagt so wir setzen die mieten jetzt so weit drauf wie es irgendwie geht. Um kosten zu decken wie gesagt ich erlebe das hier dass mein haus dass das haus in dem ich wohne möglicherweise verkauft wird du bist als mieterin ein bisschen zugespitzt gesagt oft ausgeliefert du bist natürlich es gibt ein mietrecht in deutschland du kannst nicht alles rausgeschmissen werden aber ich glaube ganz viele menschen haben das gefühl. Meine miete steigt immer weiter oder oh plötzlich gibt es da eigenbedarf ich muss hier raus oder mein haus wird zum dritten mal verkauft was passiert vor das nächstes und denen wollen diese projekte was entgegensetzen. Und das ganz tief ist natürlich der Wunsch nach Sicherheit. Also das ist ja so dann ganz tief drin
00:37:09: und eben nicht dann nix zu tun, sondern sich zu emanzipieren und auch zu handeln, also auch so eine gewisse Selbstwirksamkeit zu zeigen. Das ist das Wort Selbstwirksamkeit. Ja genau und nicht passiv als Opfer dann nur zu fühlen oder einfach zu handeln und zu denken, ich muss jetzt irgendwie was machen, ich muss jetzt irgendwie kreativ werden, ich muss was erschaffen oder irgendwas schaffen. Genau, also das hast du ja auch schon jetzt erwähnt, diese Projekte, die sind ja nicht auf drei Monate kalkuliert und dann sind die vorbei. Das sind ja Jahresprojekte, wenn nicht sogar Lebensprojekte und da muss ich ja
00:37:57: wirklich ganz viel tun aktiv, damit das eben vorangeht und damit ich da was erschaffe was sind in deiner meinung nach so die vorteile von diesem gemeinschaftlichen wohnen wir hatten schon das thema dass man gemeinsam lebt dass man nicht einsam ist also diese angst vor einsamkeit ist ja auch da. Und das thema sicherheit genau das sind die drei punkte also du hast natürlich, du kannst auch Enttäuschungen erleben in solchen Projekten. Also das habe ich auch gehört. Du kannst da einziehen und denken, oh das wird ganz toll und wir sitzen jeden Abend glücklich an unserem großen Tisch und essen unser gemeinsam gekochtes Abendessen und dann merkst du, oh wir haben solche Konflikte hier, das funktioniert ja überhaupt nicht und deine Hoffnung auf Gemeinschaft wird enttäuscht. Aber es gibt, die fangen zumindest alle so an, die sagen zumindest alle wir wollen eine Gemeinschaft sein und das ist halt ein ganz anderer Ausgangspunkt emotional,
00:38:52: als wenn du in ein Haus ziehst, wo es ein absolutes Wabonspiel ist, wer wohnt denn jetzt über dir, unter dir, neben dir, sind das nette Leute oder grüßt man sich nicht im Hausflur. Also klar, die Gefahr, dass so eine Gemeinschaft dann doch nicht funktioniert, die ist da, aber sie versuchen es zumindest. Und der zweite Punkt, du hast es angesprochen, ist, ja, Kinder. Kinder können anders aufwachsen in solchen Gemeinschaften. Und der dritte Punkt ist die Sicherheit. Aus dieser Wohnung kriegt dich niemand raus. Und das ist, glaube ich, wirklich ein ganz wichtiger Aspekt heutzutage. Genau, du hast es schon erwähnt, Enttäuschung hat ja auch was mit Nachteilen zu tun. Und wir hatten es auch schon anklingen lassen, es ist nicht jedermanns Sache, man muss so ein bisschen der
00:39:39: Typ dafür sein. Was sind denn so Nachteile oder auf was muss man sich denn einlassen, wenn man so sich auf die Suche macht nach einem Projekt in so einem gemeinschaftlichen Wohnprojekt? Du musst dich auf sehr lange Diskussionen einstellen. Sehr lange Diskussionen, was bauen wir, wie bauen wir es, wie viel soll das kosten, welches Material verwenden wir, etc. Wie groß ist die Gemeinschaftsfläche und wie groß sind die Privatwohnungen? Das ist ja auch so ein Aushandlungsprozess. Du musst also wirklich lange lange diskutieren können. Du musst wissen, was sind die Punkte, die mir so wichtig sind, dass ich darum kämpfe. Weil du schaffst ja
00:40:21: gemeinsam mit anderen eine Struktur, in der du dann lebst. Jahrelang, jahrzehntelang möglicherweise bis zu deinem Tod. Und das ist natürlich was anderes, als wenn du mit Freundinnen gemeinsam Urlaub planst. Und dann musst du halt dich darauf einlassen, dass du auf der einen Seite deine Standpunkte verteidigst, aber auf der anderen Seite halt nicht immer sagst, nein, aber ich will das jetzt so und wenn ihr das nicht so macht dann sind wir geschiedene leute und das ist auch anstrengend und du musst natürlich auch geld einbringen in diese projekte das. Das ist zwar alles sehr idealistisch aber geld kostet trotzdem und du brauchst insgesamt einen langen Atem. Also selbst wenn die Diskussionen alle einigermaßen harmonisch verlaufen, du musst dich trotzdem darauf einstellen, dass das Jahre dauert,
00:41:10: bis du dann tatsächlich einziehen kannst. In deinem Buch war ein ganz schönes Zitat, ich habe es jetzt leider nicht parat, und zwar, dass die Gemeinschaft aus einem ein Kieselstein macht oder irgendwas mit dem Kieselstein. Muss ich gerade dran denken, ja, das ist der Dietrich aus dem Projekt Brot und Rosen, dem christlichen Projekt in Hamburg, der sagt, Gemeinschaft macht aus spitzen Kieselsteinen runde Kieselsteine. Also du wirst in gewisser Weise auch abgeschliffen.
00:41:38: Jetzt nicht im Sinne von, du verlierst deine Persönlichkeit, du bist am Schluss ein Mensch ohne Eigenschaften, aber viel von der eigenen Egozentrik und dem eigenen so bin ich aber und so muss das jetzt aber sein, das verlierst du in solchen Projekten. Weil man einfach eine gewisse Kompromissbereitschaft mitbringen muss. Definitiv, ja. Du hast schon angesprochen die finanziellen Möglichkeiten, du hast dir jetzt wirklich fünf ganz unterschiedliche Konzepte auch angeschaut, also vom Mietzaussyndikat, Genossenschaft, wie würdest du das jetzt einschätzen, wenn ich jetzt wirklich in der Stadt lebe, in der Metropole und ich habe wirklich so gut wie gar kein Eigenkapital
00:42:19: oder wenig Eigenkapital, was ist jetzt so die günstigste Möglichkeit in so ein Gemeinschaftsprojekt reinzugehen und wo muss ich schon ein bisschen mehr Eigenkapital mitbringen? Ich glaube man kann es nicht so allgemein sagen, es hängt von verschiedenen Faktoren ab, es hängt davon ab wo ist dieses Projekt, also wenn wir jetzt mal davon ausgehen, ein Projekt wird neu gebaut, wird das mitten in der Stadt gebaut oder irgendwo irgendwo am rand der stadt das spielt eine rolle grundsätzlich würde ich sagen das mietshäuser syndikat achtet eben besonders darauf. Das aus dieser linken geschichte heraus eine hausbesetzer szene freiburg 90er jahre. Die achten schon besonders darauf dass sie leuten mit wenig gelten platz bieten es gibt auch sehr elitäre baugemeinschaften und baugenossenschaften das muss man auch sagen aber ich würde die augen aufhalten nach dem mietshäuser syndikat und ich würde mich beraten lassen es gibt in den in hamburg münchen und berlin gibt es institutionen also wenn du nach einem projekt suchst kannst du dich zum beispiel an stadtbau kannst du mal stadtbau googeln entweder stadtbau hamburg stadtbau berlin oder stadtbau münchen. Die beraten eben baugemeinschaften und baugenossenschaften. da kannst du dich formieren über informieren über projekte die gerade entstehen oder die schon bestehen und neue leute suchen das wäre also stadtbau du kannst beim mietshäuser syndikat gucken
00:43:52: oder du kannst dich an die stiftung trias wenden trias trias die kaufen grundstücke um sie gemeinwohlorientiert weiter zu verpachten an um sie gemeinwohlorientiert weiter zu verpachten an Wohnprojekte. Ach, das ist ja spannend. Also die Links, die werde ich auf alle Fälle in die Show Notes packen. Da kann man sich dann nochmal genauer informieren hinsichtlich Genossenschaft, Mietshaussyndikat und eben auch diesen TRIAS. Finde ich echt super Tipps. Also vielen, vielen Dank.
00:44:18: Zum Schluss habe ich nochmal eine Frage jetzt ganz persönlich. Du hast dir die Projekte ja auch aus einem persönlichen Hintergrund angeschaut, hast du in dem Vorwort beschrieben. Kannst du dir vorstellen, jetzt mittlerweile in so einem Projekt zu leben? Du hast ja selber gesagt, dein Haus in Hamburg wird vielleicht verkauft. Machst du dich schon auf die Suche oder sagst du, nee, ich habe für mich entschieden, ich bin doch nicht so der Typ gemeinschaftliches Wohnen? Also ich bin tatsächlich auf der Suche, ja. Und vielleicht sprechen wir in fünf Jahren wieder und dann kann ich dir sagen, so ich lebe jetzt in so einem Projekt oder ich sage, nee, ich wohne
00:44:54: weiter zur Miete. Wie gesagt, man kann und muss sich bestimmte Fragen, ehrliche Fragen stellen, bevor man sich auf so ein Projekt einlässt. Aber wie es dann wirklich ist, das erfährst du erst, wenn du drin lebst. Und doch, ich bin auf der Suche, weil ich eben glaube, wenn es gut läuft, kannst du eine tolle Gemeinschaft haben, hast auch eine gewisse Unterstützung im Alter. Natürlich ist es jetzt nicht so, dass die Intensivpflege dann mit dir machen. Du lebst anders, als wenn du für dich in der Mietwohnung sitzt. Und nochmal das große, große Thema, das so viele Menschen beschäftigt,
00:45:34: so vielen Menschen schlaflose Nächte bereitet in Deutschland, du hast eine sichere Wohnung. Und das ist unglaublich wichtig. Und wie gehst du bei deiner Suche jetzt vor? Du hast jetzt diese fünf Projekte besucht. Schaust du dir auch noch weitere Projekte an? Also ich möchte schon gern in Hamburg wohnen bleiben. Also und ich glaube Brot und Rosen wäre für mich keine Option, obwohl ich die sehr bewundere. Aber ich bräuchte glaube ich schon meine eigene Wohnung innerhalb eines Projekts. Und bei Brot und Rosen, das ist wie eine große wg und da hat der einzelne mensch hat ein zwei zimmer für sich. Nicht also ich würde gerne in hamburg bleiben die anderen projekte käme für mich jetzt nicht in frage weil einfach hier mein lebensmittelpunkt ist aber ich bin ich schaue mir in hamburg verschiedene projekte an.
00:46:20: Und wie findest du diese projekte über dieses, über die Links, die du gerade empfohlen hast? Über Stadtbau und das eine Projekt ist, das ist dann das Nette, wenn man so ein Buch geschrieben hat, die haben mich angeschrieben und gesagt, hey, wir haben hier, wir starten hier, was interessiert dich das? Ja, dann wünsche ich dir auf deiner Suche natürlich ganz, ganz viel Erfolg, dass du dann auch deine Gruppe findest oder deine Gemeinschaft findest. Ich wollte mich bedanken. Vielen, vielen Dank für das schöne Gespräch. Ich fand es wirklich sehr facettenreich und auch sehr schön durchdacht. Die ganzen Aspekte, die ganzen Vor- und Nachteile,
00:46:55: die so ein gemeinschaftliches Wohnen mit sich bringen. Noch mal ein ganz kleiner Teaser. Also du hast ein Buch darüber geschrieben. Das habe ich gelesen. Das ist wirklich total spannend. Da werden diese Projekte nochmal ganz intensiv vorgestellt. Und das heißt Zusammen wie Deutschland neues Wohnen ausprobiert und ist im Büchner Verlag erschienen. Auch da packe ich den Links in die Show Notes und genau, kann man bestellen und ist auch wirklich sehr schön zu lesen und sehr inspirierend. Danke dir.
00:47:25: Also, vielen, vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast. Und dann wünsche ich dir jetzt noch einen schönen Tag. Danke dir auch. Sodala, das war das Interview mit Lenna zum Thema gemeinschaftlichem Wohnen. Ja, ich fand das Gespräch sehr tiefgründig und auch total inspirierend. Ja, was mich beispielsweise sehr zum Nachdenken angeregt hat, war
00:47:50: der Aspekt mit dem, wie man im Alter leben möchte. Ja, und ich hoffe natürlich, dass euch die Folge auch inspiriert hat. Wenn ihr jetzt Fragen zum Thema gemeinschaftlichen Wohnen habt oder eben vielleicht sogar ein cooles Projekt kennt, das ich mal interviewen sollte, dann schreibt mir gerne. Zum Beispiel könnt ihr in Spotify direkt in jeder Folge Kommentare hinterlassen oder ihr schreibt mir eine E-Mail. Ja und die Adresse dazu, die findet ihr in den Show Notes.
00:48:19: Und falls ihr jetzt noch Freunde oder Bekannte habt, die das Thema gemeinschaftliche Wohnen auch interessieren könnte, dann teilt doch unbedingt die Folge mit ihnen. Ja, also bis zum nächsten Mal. Ich freue mich auf euch. Bis dann. Ciao. Transcribed with Cockatoo
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